Illustration als Beruf – Ein Gespräch mit Meike Teichmann

Die Kreativbranche ist vielfältig und ständig im Wandel. Gerade in Zeiten digitaler Transformation und Künstlicher Intelligenz stehen Kreative vor neuen Herausforderungen, aber auch Chancen. Als Verlag interessiert uns, wie sich verschiedene Berufsfelder innerhalb der Branche entwickeln – welche Hürden es gibt, welche Trends sich abzeichnen und was es bedeutet, heute als Illustrator*in, Designer*in oder Autor*in zu arbeiten.

In dieser losen Reihe sprechen wir mit Kolleg*innen aus unterschiedlichen Bereichen und lassen sie von ihrem Berufsalltag erzählen. Den Anfang macht Meike Teichmann, erfolgreiche Illustratorin und Coach, die uns spannende Einblicke in ihren Werdegang, ihre Arbeitsweise und die Herausforderungen der Branche gibt.


Meike Teichmann

Meike Teichmann

Kontrabande: Hallo Meike, schön, dass du dir Zeit für uns nimmst! Fangen wir doch direkt an: Wie bist du eigentlich zur Illustration gekommen?

Meike: Hallo Mac, ich freue mich, dass du gerne etwas mehr über meine Arbeit und mich wissen möchtest. Tatsächlich stand ich nach dem Abitur etwas ratlos da, wie es nun weitergehen soll. Erst da habe ich den Beruf „Illustrator“ entdeckt, vorher hatte ich immer nur Grafikdesign für mich im Kopf. Ich habe dann tatsächlich erst an einer privaten Schule studiert und anschließend noch an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg mein Diplom gemacht.

KB: Wie hat sich dein Stil über die Jahre entwickelt?

Meike: Während und nach dem Studium habe ich mit Acrylfarbe gearbeitet, die Figuren waren relativ verzerrt und überzeichnet. Eigentlich cool, aber ich merkte, dass ich so nicht dauerhaft arbeiten möchte. Und fand auch nicht so recht meinen Platz am Markt mit dieser Art Motive. Ich habe dann über die Jahre einen Stil entwickelt, der „mainstreamiger“ ist, oft besser passt und infolgedessen zu Aufträgen führt. Klar, ich bin nicht alleine da draußen, viele arbeiten wohl ähnlich. Aber für mich funktioniert es so sehr gut.

KB: Arbeitest du eher digital oder analog?

Meike: Tatsächlich entstehen alle Motive in Photoshop oder Procreate, also digital. Ich nutze dafür ein Zeichentablett, auf dem ich wie auf Papier arbeiten kann. Die sich ergebenden Vorteile haben mich überzeugt, dass ich gerne so arbeiten möchte. Ich bin flexibel, kann verschiedene Zwischenstände speichern, schnell Änderungen vornehmen und mich an die unterschiedlichen Gegebenheiten und Kundenwünsche anpassen.


KB: Kannst du uns ein wenig darüber erzählen, wie ein typischer Auftrag bei dir abläuft?

Meike: Ich arbeite in der Hauptsache für Kinderbuchverlage, und die Anfrage kommt dann vom Verlag. Sie haben eine Buchidee, den Text meistens auch schon vorliegen und suchen nun nach einer Illustratorin oder einem Illustrator.

Das Projekt wird kurz vorgestellt und die Eckpunkte umrissen, sodass wir uns abstimmen können, ob ich dabei mitarbeiten will. Dann folgt der etwas zähe Teil, die Vertragsverhandlungen. Verlage haben ellenlange Verträge, die man durcharbeiten muss. Ich notiere mir alle Änderungswünsche und man versucht, sich irgendwie in der Mitte zu treffen.

Ist dieser Part erledigt, bekomme ich den Text, ein genaues Briefing und kann mit den Skizzen beginnen. Diese werden mit meiner Lektorin abgestimmt und korrigiert, bis alles passt. Diese Arbeit zieht sich oft über Wochen. Sind alle Skizzen freigegeben, beginnt die Umsetzung mit Farbe.

Auch hier hole ich mir zwischendurch immer wieder Feedback von der Lektorin, damit ich nicht in eine komplett falsche Richtung arbeite. Es folgen auch hier Änderungen und weitere Anpassungen. Sind auch die farbigen Motive abgesegnet, schicke ich die Dateien an den Verlag und bin mit meiner Arbeit fertig.

An einem Bilderbuch sitze ich in der Regel mehrere Monate.

KB: Was ist dir bei deiner Arbeit besonders wichtig?

Meike: Ein guter, harmonischer Kontakt zu meinen Kunden, eine enge Zusammenarbeit und regelmäßiger Austausch. Ich schätze außerdem die Flexibilität, ich kann mir meine Tage oft sehr abwechslungsreich einteilen und arbeite an verschiedenen Projekten, was sehr viel Freude bringt.

KB: Gibt es Herausforderungen, die du als Illustratorin besonders spürst?

Meike: Tatsächlich gibt es viele Dinge, die schwierig sind. Gute Honorare zu erzielen, beispielsweise. Das Geld sitzt selten locker, oft fehlt auch das Verständnis für den Aufwand einer Illustration und deren Wert für das Unternehmen oder die Kalkulation gibt nicht viel her.

Auch hängt seit einiger Zeit über der gesamten Kreativbranche das Damoklesschwert Künstliche Intelligenz. Sie bedroht uns alle, macht uns im schlimmsten Falle überflüssig. Ich hoffe sehr, dass die Buchbranche und die renommierten Verlage auch weiterhin auf den Einsatz von generativer KI verzichten werden und ich noch lange Arbeit finde.

KB: Du arbeitest ja nicht nur als Illustratorin, sondern coachst auch andere Kreative. Was hat dich dazu gebracht?

Meike: Schon immer habe ich sehr gerne Menschen geholfen, wenn ich konnte. Mein Wissen weiterzugeben war da nur logisch. 2017 hat alles mit der Facebookgruppe „Coaching für Illustratoren“ begonnen, die ich mit meinem Kollegen Sven Geske gestartet habe.

Mittlerweile sind wir über 1.800 Mitglieder, die Gruppe ist ein toller Ort zum Austausch geworden und wird sehr rege besucht. Dazu haben Sven und ich unser Coachingangebot entwickelt. Und ich freue mich, wenn sich junge Kolleg*innen an mich wenden und um Hilfe fragen, wenn ich dann unterstützen kann, einige Tipps habe und sie mit meiner Hilfe einen Schritt vorwärtsgehen.

Ich habe mir das vielleicht selbst auch gewünscht, als ich als Illustratorin begonnen habe.

KB: Wie siehst du die Entwicklung der Branche? Hat sich für Illustrator*innen in den letzten Jahren etwas verändert?

Meike: Das Stichwort KI ist schon gefallen, wir werden sehen, wie sie sich in diesen Bereich hineindrängt und was das für Folgen hat. Es gibt genug Kolleg*innen, die bereits berichten, dass die Aufträge abnehmen, vieles machen die Unternehmen nun selbst mit generativer KI.

Das wird wohl die größte Herausforderung der nächsten Zeit sein, hier zu bestehen, mit Menschlichkeit zu überzeugen und der echten, handgemachten Illustration und nichts aus der Retorte, was mit Datendiebstahl und riesigen Ressourcenverschwendungen einhergeht.

KB: Mal ein anderer Aspekt: Gibt es soziale Themen, die dir besonders am Herzen liegen?

Meike: Privat unterstütze ich schon viele Jahre lang verschiedene Tierschutzvereine und Umweltschutzorganisationen. Diese Themen liegen mir sehr am Herzen und ich biete hier auch immer mal wieder ehrenamtliche Arbeit an in Form von Motiven für den Verkaufsshop des Vereins oder die Erstellung eines Maskottchens.

KB: Hast du einen Tipp für Illustrator*innen, die am Anfang stehen?

Meike: Plant Zeit ein! Der Weg in die Selbstständigkeit als Illustrator*in dauert lange, ist steinig und braucht viel Ausdauer. Nicht aufgeben, sich immer wieder sichtbar machen, dranbleiben und einen langen Atem haben.


Weitere Arbeiten von Meike und Infos über sie findest du : hier →

 

 

Meike Teichmann
Meike Teichmann
Freie Illustratorin

Meike Teichmann arbeitet als freie Diplom-Illustratorin und hat ihr Handwerk in den letzten Jahren immer weiter verfeinert.