In dieser losen Reihe sprechen wir mit Kolleg*innen aus unterschiedlichen Bereichen und lassen sie von ihrem Berufsalltag erzählen.

Ein Ort für Bücher – und für Menschen

In einem Wohnzimmer in Jübberde (Ostfriesland) stehen knapp 1900 Bücher. Sie gehören Diana – oder besser gesagt: sie gehören niemandem, denn alle dürfen mitnehmen, was sie interessiert, und dürfen bringen, was sie entbehren können. Ganz ohne Tausch, ohne Rückgabe, ohne Bedingungen.

Mit ihrem Projekt Dianas Büchermobil möchte Diana das Lesen für alle Menschen kostenlos ermöglichen. Was als Idee auf dem Flohmarkt begann, hat sich zu einer festen Anlaufstelle für Lesebegeisterte entwickelt – demnächst sogar mobil im Anhänger.

Wir haben mit ihr über ihre Motivation, die Organisation und ihre Pläne gesprochen.


kontrabande: Diana, wie ist die Idee zu deinem Büchermobil entstanden? Gab es einen besonderen Auslöser?

Diana: Ich habe schon immer Bücher geliebt und früher auf Flohmärkten verkauft. Aus einem Nachlass in der Familie waren es damals knapp 600 Stück. Eines Tages hatte ich eine Art Schlüsselmoment: Eine ältere Dame kam mit einer Liste in der Hand, schickte ihren Mann auf die Knie, um Konsalik-Bücher zu durchforsten – und freute sich riesig, dass einige dabei waren. Als ich ihr dann sagte „Das macht 4 Euro“, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Ich hätte ihr die Bücher am liebsten geschenkt. Ab da nahm die Idee vom Büchermobil langsam Gestalt an.

KB: Warum war dir von Anfang an wichtig, dass die Bücher kostenlos weitergegeben werden?

Diana: Zum einen wegen dieser beschriebenen Situation. Aber wirklich motivierend ist jeder einzelne Besucher: Die einen sind froh, ihre Bücher in gute Hände weitergeben zu können. Die anderen strahlen, wenn ich ihnen sage: „Das kostet nichts, Sie können das Buch einfach mitnehmen.“

KB: Wie genau funktioniert dein Prinzip „Geben und Nehmen“ – gibt es bestimmte Regeln?

Diana: Das ist ganz einfach. Mein Motto lautet: Geben und Nehmen. Jeder darf so viele Bücher bringen oder mitnehmen, wie er möchte – allerdings nur für private oder ebenfalls ehrenamtliche Zwecke. Es gibt keinen Tausch- oder Rückgabezwang.

KB: Wo befindet sich dein Büchermobil aktuell, und wie kann man dich besuchen?

Diana: Im Moment befindet es sich in meinem Wohnzimmer in 26670 Jübberde. Wer vorbeikommen möchte, kann sich gern vorher bei mir melden, damit ich auch sicher zu Hause bin.

KB: Was ist geplant, wenn dein neuer Anhänger fertig umgebaut ist?

Diana: Sobald der Anhänger fertig ist, werde ich Touren durch Ostfriesland und das Ammerland machen, um die Bücher auch den Menschen zugänglich zu machen, die nicht mobil sind.

KB: Wie reagieren denn die Menschen, die zu dir kommen, auf dein Angebot?

DIana: Mit ganz viel Freude, Liebe, Dankbarkeit und Respekt für diese Arbeit. Allein das macht es für mich lohnenswert.

KB: Gibt es Begegnungen, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?

Diana: Ja, zum Beispiel zwei Frauen aus der Ukraine, die letztes Jahr Bücher suchten, um ihr Deutsch zu verbessern. Sie nahmen einige Bücher mit. Im Herbst traf ich sie auf einer Veranstaltung wieder – wir konnten uns inzwischen auf Deutsch unterhalten. Sie haben sich nochmal bedankt und neue Bücher mitgenommen. Das hat mich sehr gefreut.



KB: Was sind die größten Herausforderungen in deinem Projektalltag?

Diana: Definitiv der Zeitfaktor. Ich arbeite noch Vollzeit, daher ist es oft schwierig, allem gerecht zu werden. Zum Glück habe ich über das Projekt eine sehr gute Freundin kennengelernt – sie heißt auch Diana – und unterstützt mich mit viel Herzblut. Sie liebt das Projekt genauso sehr wie ich.

KB: Wie finanzierst du das Büchermobil – insbesondere den laufenden Betrieb?

Diana: Es steht immer eine Spendenbox bereit, in die jeder freiwillig etwas geben kann. Den Großteil trage ich aber selbst – so wie andere eben ihre Hobbys finanzieren. Wenn jemand online Bücher bestellt, berechne ich zumindest die Versandkosten.

KB: Welche Pläne hast du für die nähere Zukunft mit dem Projekt?

Diana: Der Umbau des Anhängers steht an. Außerdem werde ich bald ins Nachbardorf Remels umziehen. Danach möchte ich mit dem Anhänger regelmäßig Touren fahren, die ich auf Facebook und Instagram ankündigen werde.

Diana und der helfende Kollege

Diana und der helfende Kollege

KB: Welchen Rat gibst du Menschen, die eine ähnliche Idee umsetzen möchten?

Diana: Macht das, was euer Herz verlangt. Wenn es Bücher will, gebt ihm Bücher! Wer konkrete Fragen oder Ideen hat – einfach schreiben.

KB: Wie kann man dich und dein Projekt konkret unterstützen?

Diana: Teilt und verbreitet mein Projekt. So helft ihr mit, das Lesen für alle kostenlos zugänglich zu machen.

KB: Was bedeutet dir persönlich das Lesen – und warum ist es dir so wichtig, es anderen zu ermöglichen?

Diana: Auf meiner Seite steht: Lesen ist die Tür zu unbekannten Welten – und ich möchte jedem diese Welten zugänglich machen. Es ist ein kurzes Entfliehen aus dem Alltag, um Kraft, Wissen und Mut zu schöpfen. In der heutigen Zeit fällt es vielen schwer, einfach zu sein. Bücher helfen uns, den täglichen Wahnsinn besser zu ertragen – und das alles durch Menschen, die diese Geschichten für uns aufgeschrieben haben. Es ist ein einfaches Geben und Nehmen.


Weitere Infos zum Büchermobil findet ihr hier →

Diana Rösemann
Diana Rösemann
Die treibende Kraft hinter dem Büchermobil